Roboter Pepper als Werther Experte

Die beiden Master-Studierenden mit Pepper.
Pepper alias Werther ist ein Publikumsliebling in der Jubiläumsausstellung „Werther.Welten“. Konzipiert und programmiert wurde er von einem Studierendenteam um Nele Brauer und Nicholas Proulx.

Mit künstlicher Intelligenz entsteht im Master-projekt ein interaktiver Guide für Wetzlarer Jubiläumsausstellung „Werther.Welten“

Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werther“ war ein internationaler Bestseller seiner Zeit und hat auch 250 Jahre später kaum an Aktualität eingebüßt. Warum? Das erfährt man u. a. von dem sympathischen Roboter Pepper in der Jubiläumsausstellung „Werther.Welten“ – 250 Jahre internationale Wirkung von Goethes Roman ‚Die Leiden des jungen Werthers‘“ in Wetzlar. Ausgestattet mit künstlicher Intelligenz (KI) weiß Pepper alias Werther bestens Bescheid über den Romanstoff, Goethe, dessen Zeit in Wetzlar aber auch über vieles der Neuzeit. Programmiert wurde er von vier StudiumPlus-Studierenden im Master-Studiengang Future Skills und Innovation (FSI).

Der humanoide Werther ist Informationsquelle und Blickfang in der Ausstellung im Stadtmuseum, wo er noch bis zum 18. Mai 2025 zu sehen ist. Knapp 1,20 Meter misst er, hat große runde Augen, ein Display auf der Brust und ist in ein historisches Kostüm gekleidet. Den Ausstellungsbesuchern antwortet er zugewandt auf nahezu alle Fragen zur Ausstellung. Dabei klingt er wie ein Poet aus dem 18. Jahrhundert, geschwollen und bisweilen verträumt. Und das in neun Sprachen, darunter Deutsch, Englisch, Italienisch, Französisch, Koreanisch oder Japanisch.

„Beigebracht“ haben ihm das die vier FSI-Studierenden Nele Brauer (AOK Hessen), Nicholas Proulx, Linda Rossbach (beide Pfeiffer Vacuum) und Fabian Fischer (Stadtwerke Gießen). Pepper alias Werther ist das Ergebnis ihres Interdisziplinären Kooperationsprojekts, mit dem im April 2024 ihr duales Master-Studium startete. Die Aufgabe lautete, den Roboter so zu gestalten, dass er die Besucher durch die Jubiläumsausstellung begleiten kann – sowohl als futuristischer Blickfang, als auch als Guide, als interaktiver Assistent, der jederzeit Fragen zur Ausstellung und Hintergründen beantwortet. Da die Fragen stark variieren können, war es eine Anforderung, die Antworten möglichst flexibel zu gestalten, berichtet Nicholas Proulx.

 

INTENSIVES tEAMWORK

Gelöst hat das vierköpfige Projektteam das Problem mit der Entwicklung einer App für das Tablet, das an Peppers Brust angebracht ist. Konzipiert wurde die App speziell für die Bedürfnisse der Ausstellung und verknüpft mit einer von den Studierenden erstellten Wissensdatenbank, die in die KI-Plattform nele.ai integriert wurde. „Wir haben die Wissensdatenbank mit den Dokumenten und Unterlagen des Museums gefüttert“, erklärt Nele Brauer. Peppers Wissen könne ständig aktualisiert werden, indem immer weitere Daten hochgeladen werden, auch während der Ausstellung. Der im Hintergrund laufende KI-Engine scannt die zur Verfügung gestellten Dokumente und „lernt“ daraus. Auf Daten aus dem Internet wird bewusst verzichtet. „Um zu vermeiden, dass falsche Informationen gezogen werden“, so Nicholas Proulx. Dass der Roboter in möglichst vielen Sprachen Auskunft geben kann, war den Ausstellungsmachern wichtig, denn der Werther-Stoff ist weltweit beliebt. Und falls der humanoide Werther tatsächlich einmal keine Antwort weiß, philosophiert er auf Basis seines großen Wissensvorrats, wie es eventuell richtig sein könnte.

Vier Monate intensives Teamwork haben die vier Studierenden in den Werther investiert. Eine von vielen Besonderheiten des interdisziplinären Master-Studiengangs FSI ist, dass auf Projekte statt Klausuren gesetzt wird. Nicholas Proulx, Fabian Fischer und Linda Rossbach bringen Bachelor-Abschlüsse in Softwaretechnologie mit und haben sich entsprechend auf die Programmierung konzentriert. Betriebswirtschaft-Absolventin Nele Brauer hat sich schwerpunktmäßig um Organisatorisches, das Marketing und auch das Info-Plakat für die Ausstellung gekümmert. Zum Auftakt haben die Studierenden viele Gespräche geführt – mit Georg Weigand und seinen Kollegen als Ansprechpartner für die Städtischen Museen, Tobias Forgel als Betreuer des StudiumPlus-DigiLab und den KI-Entwicklern von nele.ai, um einen Anforderungskatalog zu erstellen und die technischen Möglichkeiten auszuloten. Anschließend ging es in die Umsetzung. Betreut wurden sie von Studiengangsleiter Prof. Dr. Michael Guckert.

FAZ BERICHTET

Nach einigen – auch unerwarteten – Herausforderungen und technischen Hürden waren die Arbeiten rechtzeitig zur Vernissage der Ausstellung am 8. September abgeschlossen und Pepper einsatzbereit. Der Roboter avancierte schnell zum Publikumsmagneten. Mehr als hundert Fragen beantwortet er im Schnitt pro Tag. Die Resonanz der Ausstellungsbesucher sei durchweg positiv, Pepper treffe den Nerv des Publikums, bestätigt Georg Weigand. Der Einsatz moderner Technologien gewinne bei der Vermittlung von Kunst und Kultur zunehmend an Bedeutung. Die Zusammenarbeit mit den Studierenden einer Technischen Hochschule bezeichnet Weigand als „sehr spannend“, weil sie eine andere Denkweise in den von Geisteswissenschaften geprägten Museumsbetrieb einbrächten.

Die Aufmerksamkeit für den Werther-Roboter ist so groß, dass er es inzwischen in die FAZ geschafft hat. Außerdem wurde er im November für zwei Gastauftritte bei der Gründungsmesse Mittelhessen in Gießen sowie beim Kongress „Digitale Städte – Digitale Regionen“ des Landes Hessen in Marburg gebucht. In Marburg erlag u. a. Hessens Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus seinem Charme. Über den Erfolg freut sich das Studierendenteam sehr. Nach all den Monaten haben sie eine geradezu persönliche, emotionale Beziehung zu dem kleinen Werther aufgebaut. Für Nele Brauer ist es ein gutes Gefühl, dass das Projektergebnis wirklich nutzbar ist und eine solche Außenwirkung entfacht. Goethes Roman war für alle vier einst Pflichtlektüre in der Schule. Nachdem sie Goethe in die Moderne geholt haben, haben sie nun einen ganz neuen, sehr positiven Blick auf das Werk.

Die Ausstellung „Werther.Welten“ hat einen historischen und einen modernen Teil. Letzterer wird von Pepper „betreut“ und kann bis 18. Mai 2025 im Stadtmuseum Wetzlar besucht werden. Der historische Ausstellungsteil mit zahlreichen Leihgaben ist noch bis 26. Januar zu sehen.

 

Die Digitalministerin beugt sich zu Roboter Pepper herunter.
Hessens Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus hielt Smalltalk mit dem Werther-Pepper in der Ausstellung zum Kongress „Digitale Städte – Digitale Regionen“ des Landes Hessen in Marburg.