Vilnius / Litauen (2021)
Caroline Hornemann, Wirtschaftsingenieurwesen–Elektrotechnik, 5.Semester, Vilnius Gediminas Technical University , Vilnius
Vorbereitung
Weg aus dem Alltag der uns hier mit allem umgibt. Weg von allem Gewohnten und Bekannten. Weg von Freunden, Familie und dem Alltag. Auf in die Freiheit.
Die Reise ins Unbekannte hat seinen Start Anfang 2021 mit der Entscheidung in welches Land man reisen möchte. Die Bewerbung bei Studium Plus lief ohne Probleme und mit einer riesigen Unterstützung durch unsere Koordinatoren. Ohne sie wäre der ganze Aufenthalt so wie er war nicht möglich gewesen.
Im Juli hieß es dann sich für die Unterkunft einzuschreiben und die Kurse zu wählen, Sachen schon mal rauszusuchen, Familienmitglieder zu besuchen und sich anfangen zu verabschieden. Der August sollte nämlich stressig genug werden.
Am 21. August hieß es dann ready for take-off. Die Reise nach Litauen hat gestartet. Litauen, wo ist denn Litauen? Auch ich musste noch einmal nachschauen wo genau sich dieses kleine Land befindet. Die Reise führte uns von der Heimat Frankfurt nach Vilnius in weniger als zwei Stunden. Zwei Stunden, die es ausmachten, wo man die nächsten fünf Monate seines Lebens nun tatsächlich leben soll. Dann ging alles recht schnell, die Aufregung packte uns alle und eh wir uns versahen standen wir in einem fremden Land mit einer seltsam klingenden Sprache am Flughafen von Vilnius. Die Freude war groß – nach Monaten der Vorfreude haben wir es endlich geschafft und sind in diesem Land angekommen.
Unterkunft
Die Reise führte meine Studienkollegin und mich zunächst ins VGTU International Studentenwohnheim. Die Ankunft war um halb eins in der Nacht und wir bekamen ein Zimmer im ersten Stock zugeteilt. Das war von nun an unser neues Zuhause. Studentenwohnheim hat bei mir bis dato noch nicht allzu hoch im Kurs gestanden und ist in jedem Fall die Erfahrung wert. Meine Mitbewohnerin (und in den fünf Monaten meine engste Bezugsperson) und ich teilten uns von nun an ein Zimmer, eine Küche und ein Badezimmer. Privatsphäre kann man kann man ganz klein zwischen dem Abstand der Betten wiederfinden, aber so sollte es sein. Das „Dorm“ wie wir es später liebevoll nannten, wurde der Dreh- und Angelpunkt der gesamten fünf Monate für uns. Hier lernten wir viele verschiedene Menschen kennen, Kulturen, die mir noch nicht allzu bekannt vorher waren und wir schlossen wirklich gute Freundschafften, die die fünf Monate (und hoffentlich darüber hinaus) halten werden. Mein absoluter Tipp, wenn man keine Angst vor Menschen hat und auf ein wenig Privatsphäre verzichten kann; geht ins Dorm, hier findet man immer jemandem zum Lachen, zum Kochen oder einfach nur zum Reden.
Wir reisten alle ein wenig früher an, um uns noch ein wenig in Vilnius umzuschauen; die vielen verschiedenen Eindrücke, die wir in den letzten sommerlichen Wochen genießen konnten waren unbeschreiblich; wir krackselten auf den Gedimino Tower, erkundeten die Altstadt, überquerten den Cathedral Square und erklommen den Three Crosses.
Studium
Der Universitätsalltag startete richtig in der zweiten Septemberwoche. Hier erfuhr ich, dass einer meiner Kurse nicht mehr angeboten wurde. Darauf wurde eine erneuerte Liste eine Woche bevor Vorlesungsstart zur Verfügung gestellt, um sich Alternativen rauszusuchen. Generell konnte das Learning Agreement noch ein paar weitere Wochen geändert werden, wenn man einen Kurs besucht hat und dieser einem definitiv nicht zusagt.
Da ich an der Business Faculty studiert habe, wurde das Rad an Wirtschaftswissen für mich während der gesamten Studienzeit nicht neu erfunden. Allerdings gerade im Bereich Wirtschaft wurden neben den Abschlussklausuren auch benotete Präsentationen, Hausarbeiten, ganze Kursarbeiten und weitere Ausarbeitungen je nach Studienfach verlangt. Da zwei meiner Kurse größere Projekte (an denen ich teils lange Nächte verbrachte) beinhalteten, lernte ich hier eine andere Form von Zitierung kennen und hatte schon einen Probedurchlauf aufwandstechnisch von einer Bachelorthesis. Hier lernte ich im großen Stil zu zitieren, Datenquellen zu durchforsten und meine Englischkenntnisse zu verbessern.
Manche Fächer setzen jedoch keinen so hohen Aufwand voraus:
im Bereich Business unterscheidet man zwischen 3, 6, und 9 Credit-Punkt-Fächern. Jene mit 3 Credits sind mengenmäßig recht wenig und 1,5-stündig die Woche, 6 Credit-Fächer beinhalten oft ein größeres Kursprojekt, ein Paper und/ oder Präsentationen oft sogar auch mit Klausur und haben einen Umfang von meist 3,5 Stunden die Woche. Hausarbeiten und Hausaufgaben waren bei Studium Plus sehr genau an Fristen und Zeiten gebunden und haben einen anderen Stellenwert als an der Vilnius Tech. Dozenten haben gerade in den Erasmus-Klassen ein hohes Verständnis, wenn man Berichte nicht zeitnahe abgibt. Berichte generell wurden natürlich auf Englisch verfasst. Dennoch hatten ein paar der litauischen Dozenten Probleme mit der englischen Sprache, weshalb die Hausarbeiten gerade durch ihre Menge und akribische Befolgung der Regeln im Punkto Form und Aussehen (zumindest an meiner Fakultät) meistens schon zu mittleren bis gute Noten führten.
An der Vilnius Tech besteht außerdem für international Studierende die Möglichkeit einen Litauisch-Kurs zu belegen, welches ich auch getan habe. Hier lernte ich die einfachsten Sätze, wie sich vorzustellen, sich zu entschuldigen, über meine Familie zu sprechen und sich generell zurecht zu finden.
Das Notensystem in Litauen besteht aus Noten zwischen 0 und 10, während 0 die schlechteste Note und 10 die beste ist. 5 Notenpunkte benötigt man, um einen Kurs zu bestehen.
Was an der Vilnius Tech wirklich besonders ist, ist das Engagement für die Erasmus-Studentinnen und -Studenten während des gesamten Semesters. Neben den beiden Erasmus-Koordinatoren Indrė und Rūta, welche man jeder Zeit um Rat fragen konnte und immer für ein Gespräch offen waren, stand auch noch das gesamte Team des ESN bereit und organisierte eine Veranstaltung nach der anderen, um uns so viele Eindrücke wie möglich während der gesamten Aufenthaltszeit zu ermöglichen. Neben kulturellen Veranstaltungen, waren auch immer sehr viele Partyspiele, internationale Messen und wie man auf dem Bild sieht auch eine Gala im Programm. Das letzte große Event, welches in diesem Semester gehostet wurde, war auch mit das schönste. Hier konnten wir uns alle von unserer besten Seite zeigen, einen wunderschönen Abend mit all unseren Freunden genießen und die Zeit, die wir in Litauen hatten nochmal wertschätzen.
Alltag und Freizeit
Da Vilnius viele Anschlussmöglichkeiten nach Riga, Tallinn und Warschau bietet, konnten wir durch günstige Bustickets recht bequem über ein Wochenende verreisen. Auch der Flughafen in Vilnius und Kaunas bietet günstige Möglichkeiten die nordischen Länder zu besuchen. Wir haben hier besonders auf die Inzidenzzahlen und Corona-Maßnahmen der einzelnen Länder geachtet und uns nur ins Ausland begeben, wenn uns die Regularien es zugelassen haben.
Aber auch in Litauen selbst gab es Orte, die wir besucht haben: Trakai (eine kleine Stadt mit einer Burg, hier lohnt es sich sehr im Winter hinzufahren, weil der See gefroren ist und man auf ihm laufen kann),
Kaunas (eine andere Stadt, die eine etwas schönere Altstadt bietet als Vilnius, aber auch ein wenig kleiner ist), Šiauliai mit dem „Hill of Crosses“ (ein Ort, wo seit Jahrhunderten mehr und mehr Kreuze aufgestellt werden und eine etwas gruselige aber sehr beeindruckende Wirkung auf mich hatte), sowie an der Küste Klaipeda, Palanga und Nida (welche es sich lohnt definitiv im Sommer oder an warmen Tagen zu besuchen; für Litauer selbst ist der Ort nichts Besonderes mehr, für mich war es ein wunderschöner Strand mit Urlaubs-Feeling und ein must-see wenn man nach Litauen fährt).
Fazit
Im Januar endete meine Reise mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Die Erfahrung ins Ausland zu gehen, kann ich jedem nur wärmstens ans Herz legen (auch wenn das ausgewählte oder zugeteilte Land nicht auf den Top 10 Reisezielen eures Lebens steht, kann man hier die wunderbarste Zeit seines/ ihres Lebens haben).
Auf die Frage „Litauen – wo ist das denn?“, kann ich heute antworten „in Osteuropa, ich habe fünf Monate dort gelebt und bereue keine einzige Minute dort gewesen zu sein“.
Der Abschied von dem Bekannten in Litauen, dem außergewöhnlichen Essen, der einzigartigen Gastfreundlichkeit, der für mich bis heute witzig klingende Sprache und den vielen neuen Freunden, welche ich mit riesiger Ehre kennenlernen durfte, machte die Abreise in den Alltag umso schwerer.
Mein besonderer Dank geht an Frau Fritzsch und Frau Wendland, die wir bei allen möglichen Dingen fragen konnten, uns während der gesamten Zeit der Vor- und Nachbearbeitungen unterstützt haben und uns somit diese einmalige Chance ins Auslandssemester zu gehen im großen Stil ermöglicht haben.