Vancouver / Kanada (2021)

- in Category: International
Ein Mann steht auf einem Baumstamm in einem See.

Jan Krebs, Betriebswirtschaft-Mittelstandsmanagement, 5. Semester, British Columbia Institute of Technology, Vancouver

Vorbereitung

Ich habe mein Auslandssemester am British Columbia Institute of Technology in Vancouver absolviert. Zur Vorbereitung habe ich Folgendes unternommen:

-Recherche über Vancouver, British Columbia, Kanada und mögliche Reisen in die USA

-Recherche über BCIT online (Angebote, Kurse, Freizeit, Campus)

-Kontaktaufnahme mit einem ehemaligen Austauschstudenten am BCIT

-Filme und Serien auf Englisch geschaut

-Abonnieren verschiedener regionaler Instagram Accounts

-Austausch über Austauschstudenten-Facebook-Gruppe der Uni

Der Bewerbungsprozess war sehr aufwendig und anstrengend.
Neben der Bewerbung für die Uni müssen noch viele andere Dinge erledigt werden wie z.B. beantragen des Visum, Austausch mit Uni und Arbeitgeber, beantragen der Stipendien (ich habe mich für 3 Stipendien beworben, den Aufwand sollte man nicht unterschätzen). Der ganze Prozess kostet einiges an Nerven und könnte auch als Modul Selbstorganisation und Management mit Credit Points abgegolten werden😉, der Aufwand war sicher höher als der für ein reguläres Modul.

Unterkunft

Während des Auslandssemesters war ich in einem Uni Wohnheim direkt auf dem Campus untergebracht, das ist quasi der Jackpot unter den Unterkünften, da man immer vor Ort ist und viele andere Internationale Studierende und Einheimische schnell kennenlernt. Dazu ist es auch sehr günstig (im Vergleich zu Deutschland teurer aber ca. 50% günstiger als auf dem privaten Markt in Vancouver). Daher würde ich allen Interessierten empfehlen, wenn es möglich ist, immer Angebote der Uni zu nutzen, die sind zwar nicht super schick aber zweckmäßig und günstig. Der größte Vorteil ist das vor Ort sein und dass viele andere Austauschstudierende diese Angebote ebenfalls nutzen. Gute Beziehungen aufbauen ist das A und O im Ausland. Man spart sich natürlich auch viel Arbeit bei der privaten Wohnungssuche, die aus dem Ausland sehr schwierig ist.

Studium

Am BCIT habe ich ein Zertifikat in Professional Sales gemacht. Der Vorteil ist, dass man alle 4 Kurse vorgegeben bekommt und sich keine Gedanken machen muss, ob diese kompatibel sind und in den Studienplan passen. Ebenfalls hat man dann den ein oder andren Kurs mit denselben Leuten was das Zugehörigkeitsgefühl stärkt und die Kontaktaufnahme leichter macht. Da die Organisation im Vorfeld gigantisch ist kann man sich ruhig für ein Zertifikat entscheiden und sich die Arbeit mit den Einzel-Kursen sparen (sofern die Uni im Gastland solche Zertifikate anbietet). Meine Kurse waren Sales Management, Sales Negotiation, Professional Sales Skills und Customer Relationship Management. Der Workload in diesem Zertifikat war sehr hoch, Kommiliton:innen in anderen Zertifikaten oder Einzelkursen hatten da mehr Glück, das kann man aber im Vorhinein nicht planen. Grundsätzlich kann man sagen, dass Abendkurse und Kurse in frühen Semestern weniger Workload bedeuten und dass oft die Kurse mit 3CP einen deutlich niedrigeren Workload haben als solche mit 4CP (ein CP in Kanada = zwei CP in Europa). Der im Vergleich zur THM höhere Arbeitsaufwand lag jedoch nicht an der Sprache. Am BCIT wird sehr viel praxisorientiert gearbeitet in Rollenspielen und Präsentationen. Es muss ständig etwas gearbeitet werden, in Deutschland kann man sich während der Vorlesungszeit mehr entspannen und muss am Ende viel Lernen. Am BCIT gibt es fast wöchentlich Präsentationen, Quizzes, Assignments, Midterms und Final Exams. Das ist auf der einen Seite stressig, auf der anderen zwingt es einen zum Lernen, man verliert also nicht den Anschluss und hat weniger Stress bei den Final Exams weil die Endnote ohnehin zu 70-80% steht.

Ich hatte von Montag bis Freitag jeweils täglich einen Kurs, davor oder danach habe ich Assignments und Präsentationen vorbereitet, viel Sport im Uni Gym gemacht und die Stadt erkundet. Ab und an haben wir unter der Woche auch gefeiert, an den Wochenenden haben wir viele Ausflüge und Partys gemacht. Selten musste ich auch mal am Wochenende lernen.

Eine Person steht neben dem Eisberg.

Alltag und Freizeit

Das Highlight in Kanada waren die vielen Hikes die ich dort gemacht habe. Die Natur ist einfach der Wahnsinn und in Europa so nicht zu finden. Mein Favorit war die Wanderung zu den drei Joffre Lakes und dem darüber gelegenen Gletscher, der diese speist. Die Farbe der Seen ist leuchtend türkis und glasklar. Am Ende des Hikes habe ich das erste Mal in meinem Leben einen Gletscher aus der Nähe gesehen und sogar angefasst. Wahnsinn.

Vom Gletscherplateau aus sieht man auch alle drei Seen hinter- und untereinander. Da viele Menschen in Nordamerika offenbar lauffaul sind, wurden die Besucher nach jeder Etappe weniger so dass oben am Gletscher nur eine Hand voll Menschen waren, zweitweise waren wir auch alleine.

Ebenfalls erwähnenswert war ein spontaner Trip über ein verlängertes Wochenende nach Hawaii. Ich war in Hawaii surfen, habe einen aktiven Vulkan bei Nacht gesehen und stand auf dem Mauna Kea, dem höchsten Berg der Welt.

Wir haben noch viel mehr Ausflüge gemacht, die eigentlich auch eine Erwähnung verdient hätten. Vancouver selbst ist super vielseitig und schön, man hat eine Großstadt mit interessanter Architektur und vielen Freizeitangeboten. Zwischen Wolkenkratzern finden sich schöne Parks (der Stanley Park in Vancouver ist übrigens größer als der New Yorker Central Park) und vielerorts finden sich auch schöne Strände, an denen man baden, sich sonnen oder Volleyball spielen kann. In 30min Autofahrt ist man aber auch mitten in der kanadischen Natur und kann hiken und mit etwas Glück oder Pech auch Bären in ihrem natürlichen Habitat treffen. Wer ins Ausland geht um Menschen und Kultur im Land der Universität kennen zu lernen, dem werden diese Erfahrungen auf jeden Fall geboten. Man bekommt aber noch viel mehr, denn unweigerlich trifft man auch viele Austauschstudierende aus anderen Ländern der Welt. Wir haben mit einer großen Gruppe der Austauschstudierenden große Teile des Alltags und viele Partys und Ausflüge bewältigt. Dabei bekommt man auch viel von anderen Kulturen wie zum Beispiel Italien, Chile, Japan, Brasilien, Türkei, Niederlande und vielen weiteren mit.

Eine der ersten interkulturellen Erfahrungen ist, dass Kanadier sehr freundlich und offen sind, so ist es die Regel sich beim Aussteigen aus dem Bus mit „Thank you“ beim Busfahrer oder der Busfahrerin zu bedanken. Außerdem entschuldigen sich Kanadier:innen sehr oft und schnell, auch bei Kleinigkeiten. Viele Menschen dort sind sehr offen und interessiert und man kommt sehr leicht ins Gespräch, egal ob in der Uni, auf der Straße oder einer Party.

Beim Ausgehen fällt schnell auf, dass Alkohol extrem teuer ist und der Tip (Trinkgeld) obligatorisch. Man sollte das beim Bestellen bereits mit einplanen und auf der Rechnung prüfen ob bereits Tip enthalten ist, bei Gruppen werden gerne mal 18% automatisch angerechnet, wenn man nicht aufpasst, gibt man dann nochmal 15% oder 18% Tip. Auch ein Shot zum Abschied sollte wohl überlegt sein, der kann nämlich schnell mal 10 Dollar kosten…

Eine letzte Erfahrung, die sich erst nach einiger Zeit einstellt, ist das man im Vergleich zu Deutschland nicht an raschelnden Büschen stehen bleibt und versucht ein Tier zu erkennen, sondern schnell weitergeht. Die kleineren Tiere hat man bereits alle gesehen, den größeren möchte man nicht begegnen. Selbst in Vancouver sind Coyoten, Luchse und Waschbären keine Seltenheit. Auch Bären kann man hier über den Weg laufen.

Ein Punkt der ebenfalls die Sicherheit beeinträchtig sind die im Vergleich zu Deutschland sehr vielen Obdachlosen und Drogensüchtigen in Großstädten Nordamerikas. Diese sind innerstädtisch Teil des Straßenbildes und beherrschen nachts ganze Straßenzüge. Es ist nützlich sich bei Einheimischen zu informieren welche Gebiete man nachts alleine meiden sollte.

Ein Mann steht neben einem Eisberg auf einem Berg mit einem blauen See im Hintergrund.

Im Vergleich zu Europa sollte man auch wissen, dass man mit dem öffentlichen Verkehr nicht so gut durchs Land kommt, das sollte man für Ausflüge berücksichtigen, das Land ist sehr groß und oft führt am Mietwagen oder Carsharing kein Weg vorbei. Wer sich bereits vor Abflug Apps installiert und die erforderlichen Dokumente beschafft kann sich viel Aufwand sparen.

Blick von den Sitzen bei einem Eishockeyspiel.

Fazit

Ein Auslandssemester, egal wohin, ist unbedingt zu empfehlen.
Wer kein Problem damit hat, für ein Semester auf der anderen Seite der Erde, fern ab von Familie und Freunden, zu leben, ist mit dem BCIT in Vancouver gut beraten. Semestergebühren, Flug und Lebenshaltungskosten summieren sich schnell auf einen (niedrigeren) fünfstelligen Betrag. Wer nicht auf ein dickes Portemonnaie von Mama und Papa oder sonstigen Gönnern zählen kann, sollte sich rechtzeitig um Stipendien bemühen, dann lebt es sich deutlich unbeschwerter in Übersee.

Eine Gruppe von Menschen steht vor einer Projektionswand.
Eine Gruppe Menschen am Strand.