Brünn / Tschechien (2022)

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Persönliche Beweggründe für ein Auslandssemester

Schon zu Beginn meines dualen Studiums bei dem britischen Biopharmakonzern GSK, stand für mich fest ein Auslandssemester zu absolvieren. Mit dem Auslandssemester wollte ich meine Sprachkenntnisse aufbessern, internationale Kontakte knüpfen und erste Erfahrungen mit der Arbeit in interkulturellen Teams machen. Außerdem reizte es mich einer neuen Herausforderung entgegenzutreten und ich sah dadurch Potenziale in meiner eigenen Persönlichkeitsentwicklung.

Vorbereitung seitens THM

Der gesamte Bewerbungsprozess wurde von dem ersten Informationsabend bis hin zum eigentlichen Auslandsaufenthalt sehr gut begleitet. Die Vorbereitung seitens der THM ist sehr professionell und Infoveranstaltungen, Erinnerungsmails, eine spezielle Moodle-Gruppe und die persönliche Betreuung, machen es unmöglich eine Frist oder ein To-Do zu verpassen. Bei individuellen Fragen waren Frau Fritzsch und ihre Kolleginnen nur ein Anruf entfernt. In dem Vorbereitungsprozess habe ich mich daher stets gut aufgehoben gefühlt.

Eigene Vorbereitung

An den ersten Informationsveranstaltungen zum Thema Auslandssemester habe ich mit Begeisterung teilgenommen. Schnell ging es um die Frage: „Wo will ich überhaupt genau hin ins Ausland?“ Nach vielen Erfahrungsberichten habe ich mich schlussendlich für das europäische Ausland entschieden. Das ERASMUS+ Programm erschien mir sehr attraktiv und auch innerhalb Europas gab es spannende Wahlmöglichkeiten. Meine Wahl fiel auf Dänemark, Slowenien und Finnland. Die Zusage erhielt ich von Slowenien. Die Vorbereitungen waren schon im vollen Gange, als im Mai die Absage aus Ljubljana kam. Fast wäre ich aus allen Wolken gefallen. Leider waren die meisten Anmeldefristen bereits verstrichen. Frau Fritzsch schlug mir zwei Universitäten in Brünn (Tschechien) vor. Sie versicherte mir Brünn sei eine großartige Studentenstadt und in der Vergangenheit sei nur Positives berichtet worden. Dieses Bild kann ich im Nachhinein nur bestätigen, aber dazu später mehr!

Vorbereitung seitens der Gasthochschule

Auch die Vorbereitung seitens der Technischen Universität Brünn (BUT) war sehr professionell und jederzeit transparent. Nachdem ich über das Online-System registriert war, bekam ich regelmäßige Emails, die über meinen aktuellen Bewerbungsstand berichteten. Die Auslandskoordinatorin für meinen Fachbereich war ebenfalls super hilfsbereit und freundlich.

Unterkunft

Über die Uni bekam ich die Möglichkeit mir direkt einen Platz im Studentenwohnheim zu sichern. Für Erasmus Studenten ist ein eigenes Wohnheim vorgesehen. Meine Empfehlung ist es sich auf jeden Fall dort ein Zimmer zu nehmen. Die Kosten sind sehr gering und man ist immer im Zentrum des Geschehens. Zum Vorteil der Business and Management Studenten ist die Unterkunft direkt gegenüber der Fakultät. Aber auch für die Ingenieurwissenschaften ist es nicht weit und fußläufig erreichbar. Vom Wohnheim war alles super mit Straßenbahn und Stadtbus zu erreichen. Auch nachts fuhren stündlich Stadtbusse und brachten uns nach einem gelungenen Partyabend sicher nach Hause.

Die Unterkunft liegt etwas außerhalb der Stadt und wer möchte, ist in ein paar Minuten im Grünen. In der Nähe der Wohnheime ist eine kleine Anhöhe. Von dort lässt sich die Stadt super überblicken. Im Sommer eignet sich die Stelle außerdem für einen entspannten Abend mit Lagerfeuer oder im Winter als Treffpunkt für Schlittenfahrten und eine Menge Spaß.

Mein Zimmer habe ich mir mit einer Studentin aus Japan geteilt. Die Zuteilung funktioniert nach Zufall. Jedoch gibt es die Möglichkeit sich ein Zimmer mit seinem Freund oder seiner Freundin zu buchen, wenn man sich bereits vorher kennt. Das Zimmer ist sehr einfach gehalten, aber für meine Zeit in Brünn war es perfekt. Im Nachhinein vergleiche ich es gerne mit einer Klassenfahrt. Die Zimmer waren vergleichbar mit Zimmern in einer Jugendherberge, jedoch mit eigenem Bad und Küchenzeile. Wir trafen uns oft in einem der Zimmer, um gemeinsam zu kochen oder zu quatschen.

Erwähnenswert ist außerdem die Yacht. So wurde die Kneipe direkt neben den Studentenwohnheimen genannt. Ein super Platz, um Freunde zu treffen, Dat oder Karten zu spielen, eine Runde Tischkicker zu zocken oder Fußball zu schauen. Manchmal fanden dort kleinere Partys statt und generell war es der perfekte Ort um sich zu connecten.

Studium an der Gasthochschule

Während meiner Zeit an der BUT habe ich fünf Module belegt. Kleiner Tipp: Wer sich zu Beginn bei der Kurswahl unsicher ist, kann sich in den ersten zwei Wochen jede Vorlesung anhören und erst danach sein Learning Agreement finalisieren. Ich habe zwei Bachelorkurse gewählt. Market Economy und Czech Republic – History, Culture and Economy (Modul mit zusätzlichen Exkursionen in und rund um Brünn). Die anderen drei Kurse habe ich mir aus dem Masterportfolio zusammengestellt. Intercultural Management war sehr abwechslungsreich gestaltet, da jede Woche Gastdozenten aus unterschiedlichen Ländern zu Besuch waren. In Strategic Management sollten wir in Gruppen die Strategie eines beliebigen Unternehmens mit unterschiedlichen Techniken erarbeiten. In Strategic Game gründeten wir eine eigene Computerfirma und konkurrierten mit unseren Kommilitonen. Aus diesem Modul konnte ich aufgrund der Praxisnähe sehr viel mitnehmen.

Das Studium unterschied sich etwas von der Art und Weise, wie ich es in Deutschland gewohnt war. Während des Semesters gab es deutlich mehr Aufgaben zu erledigen und die Vorlesungen waren i.d.R. interaktiver gestaltet. Außerdem mussten wir während des Semesters Präsentationen vorbereiten, die bereits einen Teil unserer Endnote ausmachten. Diese Herangehensweise hat sich sehr bewährt. Die Klausurenphase war deutlich entspannter und weniger stressig. Außerdem empfand ich das Lernen dadurch nachhaltiger. Das Schwierigkeitslevel, im Vergleich zu dem Studium an der THM ist aus meiner Sicht niedriger. Pro Modul ist mit etwa 3 Wochenstunden auszugehen, den Rest erledigt man in Gruppenarbeiten oder allein. Außerdem bleibt viel Zeit für Reisen, wenn man sich seinen Stundenplan danach ausrichtet. Die Dozenten habe ich alle als sehr freundlich und verständnisvoll gegenüber uns Erasmus Studenten erlebt.

Um mal einen Überblick zu erhalten, wer als Austauschstudent an die BUT kommt, habe ich mir statistische Zahlen aus den Jahren zuvor besorgt. Etwa die Hälfte aller Erasmusstudenten sind Spanier oder Franzosen. Danach folgen Portugiesen, Italiener, Türken, Griechen, Studenten von den Baltischen Staaten und aus Deutschland. Kurzum, es ist ein Multikulturelles zusammenkommen. Dass ich zudem viele Freundschaften schließen konnte, die über die Grenzen Europas hinaus gehen, hätte ich zu Beginn nicht erwartet. So habe ich zusätzlich Studenten aus bspw. Südkorea, Taiwan, Japan, Mexico und Costa Rica getroffen.

Blick auf die Stadt von der Festung Spilberg

Stadt Brünn

Brünn (Brno) ist die zweitgrößte Stadt Tschechiens mit etwa 380.000 Einwohnern. Jeder dritte Einwohner ist Student und dieses studentische Treiben ist der Stadt deutlich anzumerken. Die Stadt ist für modernistische Gebäude wie die restaurierte Villa Tugendhat bekannt, die 1930 vom Architekten Mies van der Rohe fertiggestellt wurde. In der mittelalterlichen Festung Spielberg gibt es ein Stadtmuseum, Gärten und ein ehemaliges Gefängnis mit Gewölbetunnel. Die Festung und der Park rundherum sind in der Mitte der Stadt gelegen. Von dort, wie auch von dem Kirchturm im Stadtkern bietet sich ein hervorragender Stadtblick. Brünn besitzt zudem eine wunderschöne Innenstadt mit alten Gebäuden und modernen Künstlerischen Skulpturen. Es gibt viele moderne Restaurants, Cafés, Clubs, Karaokebars und vieles mehr zu entdecken.

Eine Gruppe Menschen steht vor einem Restaurant.
Kneipenabend in Brünn

In Punkto mit Karte zahlen ist Tschechien Deutschland einen Schritt voraus. In nahezu jedem Restaurant, in jeder Kneipe, selbst zum Badmintonschläger ausleihen in den Turnhallen der Hochschule konnte ich mit Karte bezahlen. Auch in den Straßenbahnen kann problemlos durch einfaches Auflegen der Bankkarte ein Ticket gezogen werden.

Ein Mädchen steht auf einem Steg vor dem Bleder See.
Trip zum Bleder See in Slowenien

Freizeit und Aktivitäten

Brünn liegt im Herzen Europas, wie es die Tschechen gerne sagen, und hat damit die perfekte Lage um von dort zu Reisen. Am Wochenenden war unser Wohnheim fast leergefegt, weil die Mehrheit der Erasmusstudenten auf Reisen war. Prag oder Bratislava ist in etwa 2 Stunden und Wien mit dem Zug sogar in 1,5 Stunden zu erreichen. Diese Nähe nutzten wir und waren gleich zweimal auf Konzerten dort. Wir besichtigten außerdem die Städte Krakow (Polen), Budapest (Ungarn), Split (Kroatien), Ljubljana (Slowenien) und Olmütz (Tschechien) während unserer Zeit in Brünn.

Sportlich hat die Hochschule einiges zu bieten. Es besteht die Möglichkeit sich zu zwei Sportkursen anzumelden, die mit ca. 10 bis 30 Studenten besetzt sind. Hier lohnt es sich schnell zu sein, denn die beliebten Plätze sind direkt weg. Zudem ist es möglich auf eigene Faust Sport zu treiben in dem Fitnessstudio oder den Sporthallen bzw. dem großen Sportfeld der Hochschule. Alles fußläufig von den Wohnheimen zu erreichen.

Das lokale ESN (Erasmus Student Network) macht einen super Job. Die Welcome Week war mit Veranstaltungen durchgetaktet. Hier empfehle ich so viele Veranstaltungen wie möglich mitzunehmen. Doch nicht nur in der ersten Woche wurden von dem ESN Team Events organisiert, während des gesamten Semesters fanden Veranstaltungen und Trips statt. So zähle ich die Ice Hockey Spiele der Studentenmannschaften, den Pub Crawl, die Boat Party genauso wie die Tram Party, als auch die Wanderungen und den Studentenball zu unvergesslichen Erlebnissen während meiner Zeit in Brünn.

Der BUT-Studentenball zum Ende des Semesters ist eine echte Empfehlung. Die Karten sind nicht günstig, aber es lohnt sich auf jeden Fall, denn der Ball ist einer der größten in ganz Tschechien. Die BUT bot an dem Abend so einiges: unterschiedliche Getränke- und Essensstände, Fotoecken, Verlosungen, Lichtshows, eine Musikshow mit unterschiedlichen Künstlern und durchweg guter Musik. Es war einer unser besten Abenden, der mit Abendmode ein ganz besonderes Flair hatte.

Zum Abschluss noch ein Fun Fact zum Thema Bier, denn Tschechien hat weltweit den höchsten Pro-Kopf-Konsum von Bier. Das könnte mitunter an der Tatsache liegen, dass die Standardgröße für ein Bier 0,5 l ist und der Bierpreis im Durchschnitt bei 1,60€ pro Liter liegt. In der Kneipe gegenüber der Wohnheime lag der Preis bei umgerechnet ca. 1,30€ pro 0,5 L. Hier haben selbst die Studenten Bier getrunken, die es i.d.R. nicht trinken.

 

Zwei Frauen in Abendkleidern stehen in einem großen Raum.
BUT Studentenball
Menschen liegen im Schnee und recken ihre Arme in die Höhe.
Schnee und Spaß

Fazit

Die Herausforderung anzunehmen und in ein Auslandssemester zu starten, kann ich jedem wirklich nur ans Herz legen. Diese Erfahrung bringt euch persönlich als auch beruflich auf jeden Fall weiter. Ihr erhaltet die Möglichkeit unterschiedliche Kulturen kennenzulernen und mit wunderbaren Menschen Freundschaften zu schließen, die über die eigene Landesgrenze hinausgehen. Es ist eine super intensive Zeit, fernab eures Alltags zu Hause und es wird euch eine Menge lehren und viel Spaß bereiten.

Bei Fragen bzgl. eines Semesters in Brünn könnt ihr gerne auf mich zukommen!

Hanna Geisel, März 2023
GSK Vaccines GmbH
BW-MM, 5. Semester