Student entwickelt kabellosen Sensor für Gießereimaschinen

Jacob Dieckhues arbeitet an digitalem Zukunftsprojekt bei Heinrich Wagner Sinto
Frankenberg/Bad Laasphe. Ein Formkasten voller Sand klingt erst einmal nicht nach Hightech – und doch steckt hinter dem klassischen Sandgussverfahren modernste Ingenieurskunst. Jacob Dieckhues, dualer Student bei StudiumPlus, zeigt, wie Zukunftstechnologie auch bei einer jahrhundertealten Gießereimethode Einzug hält.
Der 22-Jährige studiert im vierten Semester Elektrotechnik in der Fachrichtung Allgemeine Elektrotechnik am Campus Frankenberg. Sein Partnerunternehmen ist die Heinrich Wagner Sinto Maschinenfabrik GmbH (HWS) in Bad Laasphe, ein weltweit agierender Spezialist für Formanlagen in Gießereien. Dort hat Jacob schon in zwei seiner Praxisphasen an einem Projekt gearbeitet, das das Potenzial hat, die gesamte Branche zu verändern: ein kabelloser Sensor zur Messung von Kräften während des Formprozesses.
Beim Sandguss entsteht die Form für das spätere Gussteil aus verdichtetem Formsand. Dabei werden zwei Kästen eingesetzt: Der Unterkasten bildet die Basis, darauf befindet sich der Oberkasten. Zusammengelegt bilden Ober- und Unterkasten einen Hohlraum, in den dann z. B. flüssiges Aluminium gegossen wird. Die sogenannte Formanlage verdichtet den Formsand zu diesen Gusskästen – genau hier kommen auch die Formsensoren ins Spiel, die die wirkenden Kräfte messen. Das Formmodell bildet das Positiv des späteren Gussteils und gibt den Gusskästen ihre Form. In dieses Modell sind die Sensoren eingelassen und messen die Kraft während des Verdichtungsvorgangs. Mit diesem Verfahren lassen sich sehr komplexe Bauteile herstellen, zum Beispiel Ölwannen oder Batteriegehäuse für Autos und Nutzfahrzeuge, aber auch filigrane Strukturen mit feinen Rippen.
Vom Kabelsalat zur Funklösung
Bisher müssen sich die Maschinenführer auf ihre Erfahrung und ihr Fingerspitzengefühl verlassen, wenn es darum geht, die richtige Konsistenz des Formstoffs einzuschätzen und die Maschinenparameter darauf anzupassen. Das Problem: Ist der Sand zu trocken, werden die geformten Konturen instabil. Ist er zu nass, lässt er sich nicht so gut verdichten. Beides führt zu Ausschuss und kostet nicht nur Zeit, sondern auch viel Energie. Als ersten Ansatz wurden in Gießereien bisher nur vereinzelt die erwähnten Formsensoren eingesetzt. Diese sind über Kabel mit der Maschine verbunden – unhandlich, fehleranfällig und in der Praxis schwer zu nutzen.
Hier setzt das Entwicklungsprojekt „Moldcontrol“ an, bei dem Jacob für die Hardware- und Softwareentwicklung verantwortlich ist. Seit 2019 entwickelt HWS einen Prototyp, der die
Sensordaten kabellos überträgt. Die Daten werden via WLAN an einen Industrie-PC geschickt und dort ausgewertet. Damit lässt sich der komplexe und bisher nicht messbare Formprozess mit Messwerten analysieren – ein entscheidender Schritt in Richtung Industrial Internet of Things (IIoT) in der Gießereitechnik.
Daten sammeln, Energie sparen
Das Ziel: ein intelligentes System, das Messwerte wie Kraft, Sandeigenschaften und Maschinenparameter sammelt und mithilfe von Machine Learning analysiert. Langfristig soll dadurch ein sogenannter Regelkreis entstehen, der während des Formvorgangs automatisch eingreift und die Sandmischung optimal verdichtet. Das spart Energie, senkt die Ausschussrate und erhöht die Qualität der Gussteile.
„Momentan läuft ein erster Prototyp bei einem Kunden im realen Einsatz. Wir können dort schon Daten sammeln und so helfen, unnötigen Ausschuss zu vermeiden. Gerade im Hinblick auf Energieeffizienz ist das ein enormer Vorteil“, erklärt Matthias Dittrich, Vice President of Engineering. Das Interesse namhafter Kunden sei groß – schließlich gibt es weltweit rund 900 Gießereien, die mit Maschinen von HWS arbeiten.
Selbstständig arbeiten – und Großes bewegen
Jacob selbst schätzt besonders die Eigenverantwortung, die er im Unternehmen übernehmen darf: „Mir gefällt, dass ich so selbstständig arbeiten kann und viel Freiheit bei der Umsetzung habe. Natürlich bekomme ich Unterstützung, wenn es hakt – aber meistens finde ich die Lösung selbst. Ein echtes Highlight war, dass ich die Inbetriebnahme meines Prototyps komplett allein durchführen durfte.“
Auch von Seiten der Hochschule gibt es Anerkennung. „Es ist beeindruckend zu sehen, wie sich ein dualer Student bei solchen bedeutenden technologischen Fortschritten einbringt“, sagt Prof. Dr. Gerd Manthei, der das Projekt von StudiumPlus betreut. Damit zeigt sich einmal mehr, wie nah die Praxisphasen im dualen Studium am Puls der Zeit sind: Mitten in einer Formanlage, zwischen Sand und Stahl, arbeitet Jacob Dieckhues an einer Technologie, die Gießereien weltweit verändern könnte.